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Die Hammermühle
Der technische Fortschritt hat dazu geführt, dass neben der herkömmlichen Wassermühle die Hammermühle mehr und mehr Verbreitung fand. So geschehen auch in Tartlau: hier hat Familie Miess in den 1960er Jahren ein kleines Familienunternehmen aufgebaut und bis zur Auswanderung nach Deutschland erfolgreich betrieben.
Vorgeschichte
Bedingt durch den Wasserreichtum in Tartlau hat es schon früh durch Wasserkraft angetriebene Mühlen gegeben. In einer dieser Mühlen hat Christian Miess das Handwerk des Müllers gelernt.
In dieser Wassermühle wurde feines Mehl für Brot und Kuchen wie auch Maismehl hergestellt. Bei günstiger Auftragslage wurde sogar in Schichten gearbeitet. Wenn mal gelegentlich Wassermangel herrschte, konnte die Mühle auch mit Strom betrieben werden. Er war ca. 10 Jahre in diesem Betrieb tätig. Anschließend hat er zur Genossenschaft gewechselt, hier eine Hammermühle aufgebaut und deren Betrieb über viele Jahre hinweg sichergestellt.
Eine durch Wasserkraft angetriebene Mühle ist vielen Unsicherheitsfaktoren unterworfen, wie z.B. Wassermangel zu gewissen Jahreszeiten. Bedingt durch den Fortschritt der Technik wurde diese Art von Mühlen mehr und mehr verdrängt. Eine gewisse Verbreitung haben somit die Hammermühlen gefunden.
Eine Hammermühle (auch Schlagmühle genannt) ist eine Mahlmaschine. Ihre Aufgabe ist eine schnelle und je nach Einsatzgebiet unterschiedlich grobe Zerkleinerung verschiedenster Materialien, unter anderem auch von Getreide.
Die Zerkleinerung des Mahlguts geschieht durch die kinetische Schlagwirkung. In einem Metallgehäuse dreht sich ein Rotor, an dessen äußerem Umfang eine unterschiedliche Anzahl beweglicher Stahl-Hämmer angebracht sind, die Umfangsgeschwindigkeiten von bis zu 120 m/s erreichen können.
Bei Eintritt in den Schlagkreis des Rotors trifft das Mahlgut auf die rotierenden Hämmer. Durch den Schlag der Hämmer wird der größte Zerkleinerungseffekt erzielt. Die Hämmer schleudern die Stücke außerdem auf die Mahlwand, wo sie durch den Aufprall weiter gebrochen werden. Eine weitere Zerkleinerung erfolgt im unteren Bereich zwischen Rotor und Mahlwand.
Gründung des Heimbetriebs
Die Hammermühle als Heimbetrieb gibt es seit dem 1.10.1967. Den Betrieb hat Christian Miess sen. zusammen mit seiner Frau Anna aufgebaut.
Der Erfolg der Mühle war nicht von vornherein gesichert. Es bedurfte der Mundpropaganda um bekannt zu werden. Außerdem wurden als Anreiz kostenloser Abhol- und Lieferdienste angeboten.
Doch schon bald fand die Kundschaft aus den umliegenden Gemeinden den Weg in die Hammermühle von Christian Miess. Sie kamen aus Săcele, Teliu, Târlungeni, Stupini, Lunca, Honigberg, Kronstadt, Heldsdorf, Chichiş, Budila, Băcel. Der Durchbruch war geschafft!
Aber ein Selbstläufer war das Geschäft mit der Mühle keineswegs. Abgesehen davon, dass es mit erheblichem Kraftaufwand verbunden war, gab es immer wieder auch ganz spezifische Probleme. In den Jahren, in denen extreme Stromeinsparungen verordnet wurden, konnte nur zu gewissen Tageszeiten gearbeitet werden. Man musste sich danach richten und keiner hat danach gefragt, ob unter diesen Bedingungen die Arbeit getan werden kann oder nicht.
Als staatliches Unternehmen war man der Planwirtschaft verpflichtet und musste somit vorgegebene „Normen“ erfüllen, d.h. eine gewisse Menge an Getreide musste abgegeben werden. In der Praxis war es so, dass ein gewisser Prozentsatz des von den Bauern gelieferten Getreides ungemahlen an die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) abgegeben wurde. Der Rest wurde gemahlen an die Bauern in Tartlau und den umliegenden Gemeinden ausgeliefert. Das Mehl diente hauptsächlich als Futtermittel für Tiere.
Das kleine Familienunternehmen bestand über die ganzen Jahre aus Christian Miess sen. und seiner Frau Anna. Die Mühle war Privateigentum, seit ihrer Gründung 1967 und bis 1989 wurde jedoch im Auftrag der staatlichen "Cooperativă" (Genossenschaft) gearbeitet. 1989 kam es zur kompletten Privatisierung, d.h. sie hat sich von der "Cooperativă" abgespalten.
Man wollte sein eigener Chef sein und vom Staat unabhängig!
Die Mühle war über die ganze Zeit ihrer Existenz in keine Mühlen-Genossenschaft und Gewerkschaft eingebunden, sondern war allein auf sich gestellt. Es gab natürlich private Kontakte zu anderen Müllern der Umgebung, aber keine bindenden Verträge und Absprachen.
Die Tätigkeit in der Mühle
Die Mühle befand sich in Tartlau, Langgasse 855, auf dem eigenen Hof. Dafür wurde ein Großteil des Hauses mit Hof, Lagerräumen und Scheune genutzt.
In der Hammermühle wurden hauptsächlich Futtermittel wie Klee, Luzerne, Maiskolben, Maiskörner, Weizen, Gerste, Hafer, getrocknete Kartoffeln und Bucheckern gemahlen.
Es war so geregelt, dass die Kunden normalerweise (wenn nicht anders vereinbart) das Mahlgut in die Mühle brachten. Zuerst wurde das Mahlgut gewogen, danach gemahlen und wieder gewogen. Wie schon erwähnt, erhielt der Kunde nämlich nicht die gesamte Menge an Mehl entsprechend dem angelieferten Mahlgut, sondern ein Teil davon (12 Prozent) mussten an die staatliche "Cooperativă" (Genossenschaft) abgegeben werden.
Die Arbeitsbedingungen waren in jenen Jahren nicht so wichtig. Atemschutz gab es keinen. Beim Mahlen von Luzerne entstand ein besonders feiner und ungesunder Staub. Das hat man billigend in Kauf genommen, um der Kundschaft auch diesen Service bieten zu können.
Trotz schwieriger Verhältnisse hat es Christian Miess Spaß gemacht, sein eigenes Familienunternehmen aufzubauen, weiterzuentwickeln und damit sich und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu sichern.
Bedingt durch die Auswanderung im November 1991 wurde die Produktion eingestellt. Bis zur Veräußerung des Hofes wurde die Mühle gelegentlich von Otto Vasarhely betrieben. Leider wurde dieser gut funktionierende Familienbetrieb nicht mehr weitergeführt.
Quellen: Fotos aus Fotoalbum Fam. Miess
Erstellt: 4. Dezember 2009 - 20:36. Geändert: 3. Mai 2010 - 11:33.
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