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Kirchenburg Tartlau - UNESCO-Welterbestätte seit 1999

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Hochzeit in Tartlau

Hochzeiten in Siebenbürgen und in Tartau waren immer eine ganz besondere Veranstaltung mit klar strukturiertem Ablauf und ebenso klarer Verteilung von Aufgaben. Alle an der Gestaltung Beteiligten hatten klare Rollen und füllten diese vorbildlich aus. Die Eheschließung eines Paares war nicht eine Familienangelegenheit im engsten Sinne, sondern eine der Sippe, ja eine der ganzen Gemeinschaft.

Verlobung

Verlobung wird an einem Samstag im Hause der Braut oder des Bräutigams gefeiert. Vor der Feier begibt sich die Verlobungs-Gesellschaft ins Pfarrhaus, wo der Pfarrer dem jungen Paar in einer Andacht nahe legt, was Ehe aus biblischer Sicht bedeutet.

Am darauffolgenden Sonntag geht die Verlobungsgesellschaft zum Gottesdienst in Tracht, wo das Brautpaar nach der Ankündigung in das Gebet des Pfarrers und der ganzen Gemeinde eingeschlossen wird.

Vorbereitung

Die Hochzeit findet in großem Rahmen (bis zu 300 und mehr Gästen) statt. Sie wird im Haus eines der Brautleute vorbereitet. Die Vorbereitungen beginnen Mitte der Woche mit einer großen Zahl von Helfern und Helferinnen.

Donnerstag

Schwein schlachten, Wurst machen; ältere Frauen putzten das Gemüse für die Suppe, Brot und Hanklich wurde im Backofen gebacken. Die Geladenen und die Nachbarschaften der Brauteltern schickten in das Hochzeitshaus Milch, Butter, Eier und eine Henne (für die Hühnersuppe), diese erhalten als Dank ein Stück selbstgebackenes Brot und Hanklich.

Freitag

Es wird erneut Brot, Hanklich zur Mitgabe, die Torten für das Fest gebacken, geschnittener Teig, Hunenkammchen, Fleckchen zubereitet. Betstunde am Freitagabend vor dem Hochzeitstage, die nur vom Brautpaar besucht wird.

Samstag

Erstmals beginnt man die Suppe vorzukochen, Torten werden fertiggestellt, Hanklich für die Hochzeit gebacken. Am Nachmittag wird der Hochzeitssaal hergerichtet: die geladenen Jugendlichen besorgen die Ausschmückung des Hochzeitssaals (Burschen fahren durch die Gemeinde und sammeln Stühle, die Mädchen holen aus der Kirche Tischtücher und Geschirr, anschließend wird alles gedeckt, Stühle des Brautpaars festlich mit Efeu geschmückt, an die Wände die Bilder, die sächsische Krüge zeigen gehängt).

Sonntag - Die Feier

Am Sonntag treffen sich die Geladenen im Hochzeitshaus, es findet die gegenseitige Aufnahme der Familien statt. Dann formiert sich der Hochzeitszug und schreitet unter Glockengeläut, zum Takt eines Marsches, gespielt von der Blasmusik, zum Gottesdienst, wo die Trauung während des Gottesdienstes stattfindet.

Die Trauung hat folgenden Ablauf: Gemeinde singt das Lied zur Trauung "Jesu geh voran auf der Lebensbahn" und die zu Trauenden schreiten zwischen ihren Beiständen (Trauzeugen) in den Altarraum, wo Braut und Bräutigam vor den Altar treten. Es folgt die Traupredigt und Trauhandlung (Schriftworte, Traufragen, Gebet, Segnung des Paares). Danach geht das Paar um den Altar, der Grenzstein zwischen Zeit und Ewigkeit ist, es tritt symbolhaft in den Kraftbereich der Ewigkeit ein und kommt gestärkt ins Dasein zurück. Braut und Bräutigam treten zwischen ihre Beistände und gehen unter Gemeindegesang zurück in die Bänke. Auch der Frauenchor singt die Lieder "Hast du ein Herz" und "So nimm denn meine Hände".

Nach dem Schlussgebet und Segen, dem Schlusslied und Orgelnachspiel zieht die Hochzeitsgemeinde aus dem Gotteshaus aus, stellt sich wieder auf und zieht zurück ins Hochzeitshaus, wo das "Gaben" - Beschenken des jungen Paares mit Geld- oder Sachgeschenken - erfolgt. Dann begibt sich der geschlossene Hochzeitszug in den Gemeindesaal, wo dann ausgiebig gegessen, getanzt und gegessen wurde.

Das Hauptmahl eröffnet der Pfarrer mit einer Ansprache und einem Tischgebet, die Blaskapelle spielt von der Bühne Lieder aus ihrem Repertoire. Nach der Mahlzeit (Hühnersuppe, Reis-Fleisch, Fleckchen) spielt die Kapelle zum Tanz auf, das Brautpaar eröffnet diesen, dann tanzen die Beistände und erst danach die Hochzeitsgesellschaft.

Am Nachmittag nimmt die Braut Abschied von der Jugend, Mädchen und Frauen singen gemeinsam die Lieder: "Leif Jugendzetch (Bortenlied)", "Wahre Freundschaft", "Siebenbürgen, süße Heimat". Der Pfarrer hält erneut eine Ansprache und verabschiedet die Braut aus der Jugend.

"Geschlejerte" Junge Frau. Foto: Archiv Werner Schunn.

Anschließend geht die Braut ins Haus des Beistandes vom Bräutigam, wo sie "gebockelt" (geschlejert) wurde, die Festttracht anzog und dann von der Hochzeitsgesellschaft abgeholt wurde und anschließend durch die Gemeinde zog.

Es folgt der Braten mit Kartoffeln und Fülle, am Nachmittag Kaffee und Kuchen, zwischendurch wird immer wieder getanzt.

Am Abend folgt eine Pause, in der sich die Hochzeitsgesellschaft umzieht und nachdem die Hauswirtschaft (Tiere) versorgt wurde, wieder zurück in den Gemeindesaal kamen. Es wurde bis spät in die Nacht gefeiert.

Montag

Am nächsten Morgen war Aufräumen angesagt, der Hochzeitssaal musste geräumt, gereinigt und übergeben werden, das gereinigte Geschirr zurück in die Kirche gebracht werden. Nach verrichteter Arbeit wurde noch bis in die späten Abendstunden im Hochzeitshaus gefeiert.

Sonntag danach

Am darauffolgenden Sonntag ging das frisch vermählte Paar in den Gottesdienst, wo die Hochzeit des Paares verkündet und erneut ins Gebet eingeschlossen wurde. Dabei trug die Jungvermählte ein letztes Mal die Festtracht.


Autor: Kordula E. Orendi

Erstellt: 25. Januar 2010 - 19:25. Geändert: 21. Januar 2012 - 16:45.