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Siebenbürgisch-Sächsisch schreiben – eine Anleitung

"Die Schreibung des Siebenbürgisch-Sächsischen orientierte sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts grundsätzlich an der Rechtschreibung des Hochdeutschen. Einerseits sind aber die Abweichungen von der Schriftsprache erheblich, andererseits sind die Besonderheiten des Dialekts so komplex, dass eine für alle Situationen der 248 Ortsmundarten sowie der 'gehobenen Sprache' bzw. der landschaftlichen 'Verkehrsmundarten' gültige Regelung ein ausgesprochen schwieriges Unterfangen bleibt. Ein eigener Ermessensspielraum bzw. drucktechnische Gegebenheiten haben das Schriftbild schon immer mitbestimmt" (Hanni Markel beim Mundartautorentreffen 2005).

Allgemeines

Jeder der ein literarisches Werk in der Sprache des Autors kennenlernt und danach eine Übersetzung liest, hat schon mal die Enttäuschung erlebt, dass einige „Nuancen“ auf der Strecke bleiben. Bei dem Versuch, die eine oder andere Passage treffender zu übersetzen, wird man in den meisten Fällen auch scheitern.

Insoweit ist es umso wichtiger Texte in der Sprache der Autoren zugänglich zu machen, im konkreten Fall in siebenbürgisch-sächsischer Mundart. Erfreulicherweise gibt es noch eine Reihe von Mundartautoren, die uns immer wieder mit neuen Werken überraschen.

Die Bestrebungen eine einheitliche Schreibweise für siebenbürgisch-sächsische Mundarttexte zu etablieren sind begrüßenswert und sollten zu einem besseren Verständnis und größeren Verbreitung solcher Texte führen.

Innerhalb der Mundartautorentreffen im Haus der Heimat Nürnberg (findet in der Regel alle 2 Jahre statt) widmet man sich mit hoher Professionalität immer wieder auch dem Thema Rechtschreibung. Rechtschreibung hat nämlich in erster Linie das Verstehen des geschriebenen Textes zu gewährleisten. "Daher erwächst der Schreibung besonders in der gegenwärtigen Mundartsituation auch die Aufgabe, den geschriebenen/gedruckten Text in möglichst eindeutiger Lesbarkeit auch für Unkundige(re) mündlich nachvollziehbar zu notieren" (Hanni Markel).

Die bekannte Volkskundlerin Hanni Markel engagiert sich bei allen Mundartseminaren mit Beiträgen und immer wieder auch in der Rolle der Moderatorin. Den vollständigen Wortlaut zu den erarbeiteten Richtlinien finden sie in dem von Hanni Markel zusammengefassten Dokument als Link auf der Seite

Siebenbürger Sachsen

oder direkt unter

Rechtschreibvorschläge

In dem oben erwähnten Werk, werden folgende Themen behandelt:
0. Anforderungen an die Rechtschreibung
1. Sonderzeichen, Darstellung dialektaler Sonderlaute
2. Dehnung
3. Vokalkürzung, Schärfung
4. Weitere Ausspracheregeln und Auswirkung auf das siebenbürgisch-sächsische Schriftbild
5. Zusammenschreibung
6. Apostroph

Es ist natürlich lobenswert, vor der Niederschrift von Mundarttexten sich diese Regeln anzueignen und dann konsequent umzusetzen. Für den einen oder anderen ist eine solche Vorgehensweise sicher aber auch etwas abschreckend. Im Zweifelsfall sollte man sich auf das Gefühl verlassen und sich unter Verwendung einiger der weiter unten aufgeführten Sonderzeichen an die deutsche Rechtschreibung anlehnen. Das Ergebnis wird sich sehen lassen und auch einigermaßen verständlich sein.

Zusammenfassung mit Beispielen

Es folgt hier der Versuch einer kurzen Zusammenfassung des oben zitierten Werkes unter Verwendung einiger Beispiele aus der Tartlauer Mundart (sofern nicht anders angegeben).

Vokale:

Å/å ist unverzichtbar, sowohl für den langen (Såål) als auch für den kurzen Vokal (båcken - backen, Kåtz - Katze).

Für den im Sächsischen seltenen Laut, der dem rumänischen î/â entspricht, ist besser „y“ zu schreiben (wie bei der Umschrift des ähnlichen russischen Lautes: Tschernobyl): Rym – Rahm; Bym – Baum (Deutsch-Weißkirch); styehn – stehen (Stolzenburg).

Diphtonge/Triphtonge:

Ei/ei steht wie in der Schriftsprache für den Diphthong [ai]: seien - säen; bleibt der Eigenwert der Bestandteile als e-i erhalten, wird eï geschrieben: reïßen - reißen.

Ebenso wird mit der Umkehrung der beiden Laute verfahren: ie steht grundsätzlich für langes i, während der Doppellaut i-e durch ië kenntlich gemacht wird: Wiëch – Weg; giën – geben.

Der häufige Doppellaut ue (bueden – baden) benötigt keine Aufhebung durch ë, da ue nie für ü steht.

Konsonanten:

Der im Schriftdeutschen nicht vorhandene stimmhafte („weiche“) Reibelaut wie in: mueģer – mager; frauģen – fragen wird durch das Sonderzeichen ģ abgebildet.

Für stimmhaftes sch wird die Schreibung Sh/sh vorgeschlagen: Shapp – Tasche (an Textilien); Shåndar – Gendarm.

Dehnung:

Dehnung durch Vokalverdopplung: Doppelvokal (Såål – Saal) ist auch dann zu setzen, wenn einem kurzen deutschen Vokal ein langer sächsischer entspricht: Dååch [lang] – Dach [kurz].

Dehnung durch nachfolgendes h geschieht in den dem Deutschen entsprechenden Mundartwörtern: rah – rauh.

Dehnung des i durch nachfolgendes e, wenn es einem deutschen Doppelvokal (Schnie – Schnee; Klie - Klee) oder einem Diphthong entspricht.

Vokalkürzung, Schärfung:

Vokalkürzung durch Konsonantenverdopplung: Das deutsche Modell der Schärfung (Metter - Mutter, Sårrel - Sattel) kommt auch zum Zug, wenn der Vokal im siebenbürgisch-sächsischen Wort im Unterschied zum deutschen kurz ist bzw. mundartlich unterschiedliche Längen aufweist: Kadder – Kater; Pitter – Peter; ginn, ginner, gint – jene, jener, jenes (andere).

Die neue Regelung der ss-Schreibung sollte zur Anwendung kommen.

Kürzung durch Aufhebung der Dehnung:
- Durch Weglassen von Dehnungs-h gilt der Vokal kurz.
- Langes Ie wird zu kurzem i: Friden – Frieden, zefriden – zufrieden; Giwel –Giebel; Wis, Wisen – Wiese, Wiesen.

Sonderzeichen

Arbeitet man mit professionellen Textverarbeitungsprogrammen, dann wird normalerweise die Möglichkeit angeboten "Symbole" einzufügen. Mit etwas Geduld findet man die wenigen, zur Niederschrift des Siebenbürgisch-Sächsischen benötigten Sonderzeichen in dieser Symboltabelle. Pro Sonderzeichen kann man sich auch spezielle Tastenkombinationen definieren, um diese Sonderzeichen schnell einzufügen.

Der Einfachheit halber bieten wir Ihnen die Möglichkeit, sich diese Zeichen von dieser Seite zu kopieren und lokal in einer Datei zu hinterlegen. Bei Bedarf können Sie dann die benötigten Sonderzeichen aus dieser Datei kopieren. Die Sonderzeichen sind jeweils durch ein "Leerzeichen" ("Blank") getrennt:

Å å Ē ē Ë ë Ï ï Ō ō Ġ ġ

Der Vollständigkeit halber und weil in einigen Texten immer wieder auch rumänische oder ungarische Namen und Begriffe vorkommen, hier noch die entsprechenden Sonderzeichen:

Rumänisch: Ă ă Â â Î î Ș ș Ț ț

Ungarisch: Á á É é Í í Ó ó Ö ö Ő ő Ú ú Ü ü Ű ű

Viel Erfolg bei der Niederschrift von siebenbürgisch-sächsischen Texten!

Weitere Beispiele zur Verdeutlichung

Hier noch einige Beispiele mit Sonderzeichen zur Verdeutlichung der Niederschrift in der Mundart.

Åwerglōwen (Aberglaube)

Bōrten (Borten)

Mēsher (Mörser)

Ōġen (Augen)

reïßen (reißen)

Wiëch (Weg)


Quelle: "Rechtschreibung siebenbürgisch-sächsischer Mundarttexte", Hanni Markel.

Autor: Volkmar Kirres

Erstellt: 26. November 2010 - 21:15. Geändert: 20. August 2019 - 10:15.