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Alter Altar oder Flügelaltar
Der Flügelaltar kann wohl als das Schmuckstück der Tartlauer Kirche bezeichnet werden. Er gilt als ältester Flügelaltar Siebenbürgens. Um 1450 von einem Burzenländer Meister gemalt, stellen diese Bilder das Beste dar, was in der Tafelmalerei in Siebenbürgen aufzuweisen ist. Den Kunsthistorikern ist es gelungen, enge Verbindungen des Künstlers mit zeitgenössischen süddeutschen Tafelmalern aufzuzeigen.
Ursprung und Entstehung
In der Spätgotik (13. bis 15. Jahrhundert) entwickelten sich verschiedene Formen der Tafelmalerei. Im Falle von Kirchen handelte es sich um einzelne Tafelbilder oder eben auch um Flügelaltäre mit aufklappbaren, mit Szenen bemalten Flügeln. Diese Art des Aufbaus erlaubte es, entsprechend den Kirchenfesten geöffnet oder geschlossen zu werden.
Flügelaltäre sind ein "Phänomen des mitteleuropäischen Raumes ... von Straßburg bis Wien" wie die Kunsthistoriker Gisela und Otmar Richter schreiben. Besonders häufig ist er jedoch auch in Siebenbürgen zu finden, was die enge Bindung der Sachsen zu ihrem Stammland im Bereich der Kunst belegt.
Beim Tartlauer Flügelaltar sind deutliche Zeichen des Einflusses einer vom schwäbischen Ulm ausgehenden Stilrichtung. Die Spätgotik war in Süddeutschland die Hochzeit begnadeter Holzschnitzer und Künstler wie der Ulmer Hans Multscher mit richtungsweisender Wirkung für zahlreiche Künstler.
Der Kunsthistoriker Walter Myß stellt fest, dass "sich vor allem in den Flügelbildern zum ersten Mal in der Siebenbürgischen Altarkunst der Stileinfluss oberdeutscher Tafelmaler (Konrad Witz, Hans Multscher) ankündigt."
Der Kronstädter Maler Hermann Morres weist auf Beziehungen zu österreichischen Künstlern jener Zeit hin: "Auf seiner Wanderschaft hat dieser Maler seine Erfahrung in Österreich gesammelt. Der Meister ist selbständig und hat die Kraft zu vertiefen. Das Siebenbürgische an seinem Werk scheint das Schwerflüssige zu sein, das alles Heitere und Leichtere abweist."
Beschreibung
Der gotische Flügelaltar besteht aus dem Mittelbild und acht Tafeln. Er ist beidseitig bemalt und besteht aus einer Feiertagsseite und einer Werktagsseite. Das Mittelbild des Altars misst 1,59x1,51 Meter; alle Flügelbilder haben die Maße 0,69x0,77 Meter.
Das Mittelbild zeigt das Kruzifix, flankiert von Maria und Johannes. Die acht Tafeln stellen Beweinung, Grablegung, Auferstehung, drei Frauen am Grab, Fußwaschung, Abendmahl, Christus vor dem Hohenpriester und die Geißelung dar.
In dem Bild der Beweinung drückt sich in den schön geführten Linien, im Reichtum der Farben und im Wechsel und Ineinandergreifen von Einzelbewegungen ein wundervoller Wohlklang aus. Alle Bewegungen sind auf den Grundton tiefen Schmerzes gestimmt.
Die Szene der Grablegung ist in einen Garten verlegt. Edel geformt ist das eindrucksvolle Haupt Jesu Christi, der von Maria umfasst wird.
In der Auferstehung gibt der Meister die Auffassung seiner Zeit wieder, nach der Jesus Christus durch die geschlossene Platte als Geist durchbricht. Die Wächter schlafen auf die Grabplatte gestützt.
Das Bild der drei Frauen am Grab wirkt durch seine Einfachheit und Anmut. Die große Hand des Meisters verrät die Zartheit und den Abwechslungsreichtum der drei Frauenköpfe und den naiven Ausdruck des Staunens.
Bei geschlossenen Flügeln erscheint links oben die Fußwaschung. Kunstvoll wird die große Demut Jesu Christi dargestellt und die Ergriffenheit der ersten Christen.
Beim Abendmahl beherrscht das Bild das Haupt Jesu Christi. Bewegung ist auf den Mienen der Jüngerköpfe zu erkennen.
Zu mächtigem Formwillen erhebt sich das Bild: Jesus Christus vor dem Hohepriester. Neben der Größe der Figur des Hohepriesters können sich die wüsten Knechte und Jesus kaum behaupten. Ausdrucksvoll ist der Kopf des Hohepriesters, schön die Linien und Flächen des herabfallenden Mantels.
Eindrucksvoll ist auch das Bild der Geißelung. Mächtig steht in schmerzdurchbebter Stellung Jesu Christi an der Martersäule von zwei Knechten nach Leibeskräften gemartert. Einer hat ein wahrhaft diabolisches Gesicht.
Daten
Nach seiner Fertigstellung (die stilistischen Eigenheiten erlauben eine relativ exakte zeitliche Einordnung um das Jahr 1450) stand der Altar bis 1803 in der Kirche. Danach wurde er abgebrochen und in einem Querschiff längere Zeit aufbewahrt. Dies geschah wohl im völligen Verkennen des außerordentlichen Wertes des Kunstwerks. Sodann wurde er dem "Burzenländer Museum" übergeben.
1965 in Bukarest restauriert, wird der Altar im Zug der Gesamtrestaurierung wieder im Chor der Kirche aufgestellt. Im Chor ist eine Altarkredenz erhalten, die Ähnlichkeit mir der von Kerz aufweist.
Quelle: Werner Schunn u.a.
Erstellt: 29. Januar 2010 - 20:46. Geändert: 21. Februar 2010 - 17:26.
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