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Kirchenburg Tartlau - UNESCO-Welterbestätte seit 1999

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Meine Erfahrungen als Firmeninhaber

1997 machte ich mich selbständig und gründete einen Elektroinstallationsbetrieb. Innerhalb von zehn Jahren entwickelte sich aus dem Ein-Mann-Betrieb ein gut gehendes mittelständiges Unternehmen mit 15 Mitarbeitern. Oft wurde ich gefragt, wie es zum Weg in die Selbständigkeit kam und wie ich es geschafft habe. Mit diesem Beitrag will ich all denjenigen die neugierig sind oder sich auch selbstständig machen wollen, einen kleinen Einblick in meinen Werdegang als Unternehmer gewähren.

Der berufliche Anfang in Deutschland

Nach unserer Auswanderung nach Deutschland 1990, war ich bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt. 1991 bewarb ich mich bei der Firma Grundig als Betriebselektriker. Ich war überglücklich als ich eingestellt wurde, da ich mir dachte, dass in einem großen Betrieb die soziale Absicherung sowie ein Arbeitsplatz bis zur Rente gewiss seien.

Es kam aber leider anders. Nach ca. 3 Jahren bei Grundig erfuhren wir, dass der Betrieb einen Großteil der Stellen abbauen muss. In der Elektrowerkstatt sollten von acht Arbeitsplätzen sechs gestrichen werden. Die Mitarbeiter mit der geringsten Betriebszugehörigkeit wurden vor die Wahl gestellt sich entweder im Betrieb an einen anderen Arbeitsplatz versetzen zu lassen oder einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.

Die Entscheidung mich versetzen zu lassen oder zu gehen fiel mir sehr schwer. Wie soll es weitergehen? Wo findest du einen sicheren Arbeitsplatz? Gibt es überhaupt einen sicheren Arbeitsplatz? Diese Fragen stellte ich mir oft und daraus folgte der Entschluss, mein Schicksal selber in die Hand zu nehmen und mich selbstständig zu machen.

Aber wie sollte ich vorgehen? Einer meiner Bekannten, der eine gut gehende Elektrofirma hatte und sehr viel für Grundig arbeitete, unterbreitete mir den Vorschlag ein Gewerbe anzumelden und für ihn als Subunternehmer tätig zu werden. Ich war von der Idee begeistert und machte mich gleich auf den Weg zum Ordnungsamt der Stadt Nürnberg um das Gewerbe anzumelden. Beim Ordnungsamt wurde mir mitgeteilt, dass ein solches Vorhaben laut Handwerksordnung nicht ohne Meisterbrief möglich ist.

Mein Bekannter bot mir daraufhin eine Stelle in seinem Betrieb an, wo ich ein ganz anderes Aufgabenfeld hatte, als bei der Fa. Grundig. Ich sollte mich um die privaten Bauherren kümmern, das heißt, die Privatbauten installieren und neue Aufträge an Land ziehen. Da unsere Landsleute sehr viel bauten und ich einen recht großen Bekanntenkreis habe, bekamen wir so manchen zusätzlichen Auftrag.

Mein Chef hatte zu der Zeit sehr viel zu tun und übertrug mir die Aufgabe, mich um die komplette Abwicklung der Aufträge zu kümmern, u. zw. angefangen bei der Angebotserstellung, über die Ausführung der Arbeiten , bis hin zur Rechnungsvorbereitung. Anfangs unterstützte mich mein Chef, doch irgendwann mußte ich diese Aufgaben allein bewältigen.

Obwohl ich mit meinem Job sehr zufrieden war, beschäftigte mich immer noch das Thema einen eigenen Betrieb zu gründen. Fast jeden Abend wurde das Thema mit meiner Frau diskutiert. Da die Meisterschule - als Voraussetzung, um selbstständig zu werden - sehr viel Geld und Zeit kostet und ich eine Familie mit zwei Kindern zu versorgen hatte, war die Entscheidung nicht leicht. Meine Frau sprach mir Mut zu und riet mir den Schritt zu wagen. Sie würde mich mit vollen Kräften unterstützen und mir den Rücken freihalten.

Die ersten Schritte in die Selbstständigkeit

1995 meldete ich mich in der Meisterschule an und war sehr überrascht, dass ich mit meinen 36 Jahren der Älteste in der Klasse war. Weiter musste ich feststellen, dass hier in Deutschland in der Ausbildung Fächer gelehrt wurden, von denen ich absolut keine Ahnung hatte. Ich mußte sehr viel lernen, schaffte aber die Prüfung im ersten Anlauf.

Nach der bestandenen Meisterprüfung fing ich mit den Vorbreitungen zur Betriebsgründung an. Die monatlichen Fixkosten sollten so gering wie möglich sein, da ich noch nicht wusste, wie die Auftragslage sein wird. Ich fand in Fürth eine kleine renovierungsbedürftige Zweizimmerwohnung in einem Hinterhaus, welche mir als Werkstatt, Büro und Lager dienen sollte. Die Mietkosten waren gering und die Wohnung renovierte ich selber. Parallel zur Renovierung versuchte ich Aufträge zu bekommen.

Es stellte sich heraus, dass die Zeit bei meinem früheren Arbeitgeber sehr hilfreich war, da ich von Bauherren, deren Häuser und Wohnungen ich installiert hatte, weiter empfohlen wurde und somit ein paar kleinere Aufträge erhielt.

1997 meldete ich den Betrieb an und stellte den Antrag für die Zulassung beim örtlichen Netzbetreiber. Um zugelassen zu werden, musste ich eine vorgeschriebene Betriebsausstattung nachweisen, welche die gesamten Ersparnisse aufbrauchte. Somit reichte das Geld für ein Firmenfahrzeug nicht mehr. Einen Kredit bei der Bank wollte ich nicht beantragen, da alles noch viel zu unsicher war und ich mich nicht verschulden wollte. Also musste unser Privatfahrzeug als Firmenfahrzeug dienen.

Der Betrieb

Nachdem nun die Voraussetzungen für meinen Betrieb geschaffen waren, konnte ich mich meinen Aufträgen widmen. In einem nächsten Schritt inserierte ich in der lokalen Presse, was mir ein paar kleine Aufträge einbrachte. Das war eine weitere Steigerung, reichte aber lange nicht aus um eine Familie zu ernähren und die laufenden betrieblichen Kosten zu decken.

Jetzt war ich froh, dass zumindest meine Frau ihren Job behalten hatte und nicht wie angedacht, gekündigt hatte um in meinem Betrieb mitzuwirken. Am Wochenende oder abends erledigte sie fast die gesamten Büroarbeiten. In der Zeit, in der ich kaum Aufträge hatte und ich in der Früh in meinen Betrieb fuhr - nur um von zuhause weg zu sein - war sehr schwer. Ich zweifelte oft, ob die Selbständigkeit die richtige Entscheidung war. Ohne die Unterstützung meiner Frau und meiner Familie, die mir Mut machten, hätte ich wahrscheinlich aufgegeben. Mein früherer Arbeitgeber und jetziger Freund Hans sagte immer, die ersten drei Jahre seien die schwersten; wenn du die überstehst dann brauchst du keine Angst ums Überleben zu haben.

Mein ganzer Stolz, das erste Firmenfahrzeug im Jahr 1997.

Nach etlichen Inseraten in der Siebenbürgischen Zeitung, wurde ich von verschieden Bauherrn angerufen, um ein Angebot für die Installation ihrer Häuser zu erstellen. Daraus ergaben sich dann auch mehrere Aufträge. Ich war sehr erleichtert, als es mit dem Betrieb endlich aufwärts ging, sodass ich an den Kauf meines ersten Firmenfahrzeugs denken konnte. Ich kaufte mir einen gebrauchten VW Transporter, den ich sehr aufwändig beschriften ließ.

Eines Tages fragte ein Bauträger an, ob ich ihm ein Angebot für die Installation von mehreren Mehrfamilienhäusern erstellen könnte. Ich machte mich sofort an die Arbeit und erhielt den Auftrag. Beim Lesen des Vertrages stellte ich fest, dass ich die Ausführungsfristen allein gar nicht einhalten konnte. Ich stand vor dem Problem, jemanden einzustellen oder einen Geschäftspartner zu suchen. Ich entschied mich für den Partner. Durch Zufall lernte ich meinen jetzigen Geschäftspartner Gerhard kennen, einen gebürtigen Siebenbürger, der mich mit seinen Ideen überzeugte.

Nachdem wir uns einig waren, gründeten wir zu zweit unseren jetzigen Betrieb " Abraham & Lienert Elektrotechnik". Zu zweit konnten wir mit Hilfe von Leiharbeitern auch größere Aufträge bewältigen, sodass wir verschiedene Aufträge von Bauträgern annahmen. Wir machten allerdings nicht nur positive Erfahrungen mit den Bauträgern, sondern auch negative. Um Personalkosten einzusparen und gut zu verdienen, arbeiteten wir von früh bis abends auf den Baustellen und versäumten es, rechtzeitig die entsprechenden Teilrechnungen zu stellen. Blauäugig und unerfahren wie wir waren, stellten wir die Rechnung erst nachdem die Arbeiten abgeschlossen waren. Auf die Bezahlung unserer Rechnungen warteten wir leider vergebens, da wir an zahlungsunfähige Bauträger geraten waren. Dank guter Auftragslage erholten wir uns von diesem finanziellen Rückschlag.

Die Auftragslage wurde immer besser, wir stellten unseren ersten Mitarbeiter ein und kauften uns eine kleine Halle in Nürnberg, da unsere Betriebsräume für unseren Bedarf allmählich zu klein wurden.

Durch Empfehlungen erhielten wir immer mehr Aufträge für Wohnungs- und Hausinstallationen. In diesem Bereich ist die Konkurrenz groß und somit die Preise recht niedrig, also beschlossen wir, unser Tätigkeitsfeld auf den gewerblichen Bereich und die Industrie auszuweiten. Wir bewarben uns bei einer großen Anzahl von Architekten und Elektroplanern für die entsprechenden Arbeiten.

Von einem Elektroingenieurbüro wurden wir aufgefordert ein Angebot für die Elektroinstallation eines Chemischen Labors in einer Farbenfabrik abzugeben und erhielten den Auftrag. Dies war der Anfang einer jahrelangen guten Zusammenarbeit mit diesem Ingenieurbüro.

Es folgten immer größere und anspruchsvollere Aufträge, sodass wir jedes Jahr neue Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen konnten. Mittlerweile beschäftigen wir 10 Monteure, 3 Auszubildende und eine Bürokraft.

Das noch nicht ganz fertige, neue Betriebsgelände im Jahr 2008.

Wir sind überwiegend für Ladenketten und Industriekunden im ganzen Bundesgebiet tätig.

Wir arbeiten mit vielen Architekten eng zusammen und werden nicht nur mit der Ausführung der Arbeiten, sondern auch der Elektroplanung für gewisse Objekte beauftragt.

Momentan bauen wir ein neues Firmengebäude, da unsere Halle für unseren Bedarf zu klein geworden ist.

Die Entscheidung mich selbständig zu machen war die einzig richtige, obwohl der Anfang sehr schwer war und ich diese Entscheidung oft anzweifelte.

Unser Betrieb wäre bei weitem nicht so erfolgreich, wenn ich nicht die volle Unterstützung meiner Frau und Familie hätte, welche oft auch im Betrieb mithelfen.

Quellen: Fotos aus Familienalbum Abraham

Autor: Dietmar Abraham

Erstellt: 11. Dezember 2009 - 20:56. Geändert: 21. Februar 2010 - 15:20.