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Kirchenburg Tartlau - UNESCO-Welterbestätte seit 1999

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Schulwesen in Siebenbürgen

Die Anfänge

Die ersten Schulen der Sachsen werden bereits 1334 für die Mehrzahl der Dörfer des Brooser Kapitels urkundlich erwähnt, für Mühlbach 1352, Kronstadt 1388, Stolzenburg 1394. Für Tartlau geschieht dies im Jahr 1460. Das bedeutet, dass alle Dörfer und Städte um diese Zeit Schulen hatten, höchstwahrscheinlich aber schon von Anfang ihrer Ansiedlung.

Die Schulen waren sehr bescheiden, zuerst nur für begabte Knaben gedacht und nicht verpflichtend. Man lernte Lesen, Schreiben, etwas Rechnen, Singen, Gebete, liturgische Responsen für den Gottesdienst, Lateinisch und etwas Griechisch. Ihnen fiel die Aufgabe zu, den Nachwuchs in den Kirchen sicherzustellen.

Die Schule wurde von der Kirche und der Gemeinde verwaltet, der Lehrer war gleichzeitig auch Geistlicher.

Reformation und Auswirkungen auf das Schulwesen

Humanismus und Reformation haben das geistige und geistliche Leben der Sachsen umgestaltet. Dieser Umbruch des kirchlichen Lebens und der Kultur in Siebenbürgen ist auf Johannes Honterus (1498-1549), den geistig bedeutsamsten Sachsen jener Zeit, zurückzuführen.

Er gründet nach Hermannstadt (1529) die zweite Buchdruckerei Siebenbürgens in Kronstadt (1539). Er schreibt und druckt Schulbücher "Zu Nutz der Jugend", Rechtstraktate, eine "Kosmographie" (Weltbeschreibung), reformatorische Schriften und zeichnet Karten. Als Stadtpfarrer von Kronstadt führt er die lutherische Reformation ein und ist maßgeblich an der Verbreitung der Reformation in Siebenbürgen beteiligt. Auf Beschluß der Nationsuniversität treten die Sachsen 1547 geschlossen zur lutherischen Reformation über.

Die neugebildete, evangelische Kirche umfaßt fast ausnahmslos Sachsen, erhält so einen ausgeprägt völkischen Charakter und bald wird sächsisch und evangelisch gleichgesetzt.

Die Reformation hat vor allem dem Schulwesen starke Impulse gegeben. Honterus baut das Kronstädter Schulwesen neu auf, er verfasst eine Schulordnung und dient den anderen Städten als Vorbild.

Zur Zeit der Reformation dürften viele Gemeinden Dorfschulen gehabt haben. Im Jahre 1722 wird die allgemeine Schulpflicht für Jungen und Mädchen eingeführt. Im Beschluss heißt es: "Alle Kinder, beyderley Geschlechts, in Städten und Dörfern mit Obrigkeitlichem Befehl zur Schule anzuhalten, dass sie lesen, schreiben und den Catechismus lernen". Die Siebenbürger gehörten damit zu den ersten in Europa mit derartiger Maßnahme.

Neben den Dorfschulen gab es fünf städtische Gymnasien, die den Besuch ausländischer Universitäten ermöglichten. Durch Inanspruchnahme dieser, wurde der akademische Nachwuchs für Kirche und Schule gesichert und die geistige Verbindung zum Mutterland aufrechterhalten, wichtig für den Bestand des siebenbürgischen Deutschtums.

Modernisierung des Schulwesens

Nach 1848 konnten sich die modernen Unterrichtsmethoden und Unterrichtsprinzipien durchsetzen.

Die 3 "alten" Schulgebäude in Tartlau. Foto: Archiv Orendi.

Die Siebenbürger hatten bis Ende des 2. Weltkrieges in ihrem jeweiligen Vaterland das entwickeltste Schulwesen. Im 19. Jahrhundert kamen Gewerbe-, Landwirtschafts- und Handelsschulen, ein selbständiges Lehrerseminar und 1904 eine Lehrerinnenanstalt hinzu.

Die ersten Zeitschriften und Zeitungen Siebenbürgens gaben die Sachsen in Hermannstadt (1774, 1784) heraus, nicht nur in deutscher sondern auch in ungarischer und rumänischer Sprache.

Das erste Theater Siebenbürgens wurde in Hermannstadt eröffnet.

Eine neue Phase im Schulwesen der Siebenbürger Sachsen trat mit der Angliederung Siebenbürgens an Rumänien nach dem ersten Weltkrieg ein.

Einen Einschnitt brachte das Jahr 1940, als die deutsche Volksgruppe in Rumänien zur juristischen Person des öffentlichen Rechts erklärt wurde, somit die bisherigen Konfessionsschulen und Staatsschulen mit deutscher Unterrichtssprache übernahmen. Die deutsche Volksgruppe wurde der Schulträger aller deutschsprachigen Schulen, das Schulamt dieser hatte das Recht Schulen zu errichten und zu leiten, Schul- und Prüfungsordnungen zu erlassen.

Schulen nach 1945

Nach dem 23. August 1944 wurden die deutschen Schulen noch einmal von der Kirche übernommen, um dann im Jahr 1948 verstaatlicht zu werden.

Schulklasse in Tartlau (Jahrgang 1961/62). Foto: Archiv Orendi.

Die Schulreform von 1948 bedeutet einen tiefen Einschnitt in das Schulwesen: die Schule wird von der Kirche streng getrennt und es gibt kein selbständiges deutsches Schulwesen mehr. Die deutschen Schulen werden Teil des Staatsschulwesens und werden auch vom rumänischen Staat unterhalten. Die Lehrpläne und Schulbücher waren fast gleich, zukünftige Studienräte (Gymnasiallehrer), die früher im Ausland studierten, erhielten nun ihre Ausbildung an rumänischen Ausbildungsstätten.

Der Kirche wird somit nicht nur die Trägerschaft über die konfessionellen Schulen entzogen, sondern auch der Religionsunterricht in den Schulen gestrichen. Die wirtschaftlichen und politischen Ereignisse haben eine weitere Trägerschaft des deutschen Schulwesens unmöglich gemacht.

Der rumänische Staat hat so die deutschen Schulen auf seine Weise noch viele Jahrzehnte am Leben erhalten.

Lehrer

Die ersten Lehrer waren keine Lehrer im heutigen Sinne, sondern Geistliche, die die Knaben des Dorfes erst in lateinischer, später in hochdeutscher Sprache, die vom siebenbürgisch-sächsischem Dialekt aus Kirche und Schule fast noch verdrängt worden wäre, unterrichteten.

Deutsche Texte wurden noch bis ins 19. Jahrhundert in sächsischer Mundart gelesen: "Die schwerste Leseaufgabe ist, aus dem deutschen Buche sächsisch zu lesen".

Der Pfarrer begann seine Tätigkeit in der Regel als Lehrer, dann wurde er Prediger und versuchte sich schließlich als Pfarrer ordinieren zu lassen.


Autor: Kordula E. Orendi

Erstellt: 23. Januar 2010 - 16:21. Geändert: 24. Dezember 2011 - 9:20.